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Fernando Lugo

Fernando Lugo MendezFernando Armindo Lugo Méndez (* 30. Mai 1951 in San Solano, Departamento Itapúa) war vom 15. August 2008 bis zum 22. Juni 2012 Staatspräsident von Paraguay. Bischof der römisch-katholischen Diözese San Pedro im verarmten Zentrum des Landes war er von 1994 bis 2005.

Fernando Lugo wurde in San Solano im Distrikt San Pedro del Paraná im äußersten Süden Paraguays geboren, 210 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Asunción. Seine Eltern, Guillermo Lugo und Maximina Méndez Fleitas, litten sehr unter Repressalien des Stroessner-Regimes. Sein Onkel Epifanio Méndez Fleitas, ein Intellektueller und Politiker der Regierungspartei "Partido Colorado", ging 1956 ins Exil nach Uruguay, da er in Ungnade fiel. Drei Brüder von Lugo wurden gefoltert und sein Vater mehrfach verhaftet.

Seine Schulausbildung begann Lugo in Encarnación, der Grenzstadt zu Argentinien. In jungen Jahren arbeitete er als Volksschullehrer. Nach einem Studium der Theologie an der Universidad Católica in Asunción wurde er 1977 zum Priester geweiht. Als Missionar des Ordens Steyler Missionare ging er kurz darauf für fünf Jahre nach Ecuador. Dort wirkte er als Landpfarrer und Lehrer in Guaranda und arbeitete mit Leonidas Proaño zusammen, der als „Bischof der Armen“ bekannt war. Nach seiner Rückkehr nach Paraguay verwies ihn 1983 die Stroessner-Diktatur des Landes. Fortan lebte er im Exil in Rom und studierte dort Soziologie an der Universität Gregoriana bis zu seiner Rückkehr nach Paraguay im Jahr 1987. 1994 wurde er Bischof von San Pedro, der ärmsten und konfliktreichsten Region Paraguays.

Fernando Lugo Antonio nach seinem WahlsiegLugo schloß sich 2005 der entstehenden Protestbewegung an, als der seinerzeit amtierende Präsident Nicanor Duarte Frutos versuchte, durch eine Verfassungsänderung seine Wiederwahl durchzusetzen. Noch im selben Jahr trat Lugo angesichts seiner politischen Ambitionen als Ordinarius der Diözese San Pedro zurück und bat im Dezember 2006 den Heiligen Stuhl um Laisierung.  Die Kongregation für die Bischöfe beschied jedoch, dass er im Bischofsamt verbleibe, er wurde aber von den damit zusammenhängenden Rechten und Pflichten entbunden. Um für das Präsidentenamt zu kandidieren war jedoch die Niederlegung des Bischofsamtes erforderlich, da es nach Artikel 235 Nr. 5 der Verfassung Paraguays kirchlichen Amtsträgern untersagt ist, Präsident oder Vizepräsident zu werden. Auch im kirchlichen Recht für Kleriker ist es verboten, ein politisches Amt zu übernehmen. Lugo versteht die politische Arbeit mit einem Wort des Papstes Pius XI. als „höchste Form der Nächstenliebe“. Papst Benedikt XVI. gab Ende Juli 2008 endlich dem Ersuchen Lugos um Laisierung statt und versetzte erstmals in der Kirchengeschichte einen Bischof in den Laienstand. Nachdem Anfang 2009 mehrere Affären Lugos mit jüngeren Frauen bekannt wurden, aus denen mindestens ein Kind hervorgegangen ist, erklärte Bischof Rogelio Livieres Plano, Lugos nicht-zölibatäres Leben sei der Nuntiatur schon länger bekannt und der eigentliche Grund für Lugos Entbindung gewesen.

Lugo wurde von der „Patriotische Allianz für den Wandel“ (Alianza Patriótica para el Cambio, APC), ein breites Bündnis aus neun Parteien sowie Gewerkschaften und Bauernbewegungen, vor der Präsidentenwahl am 20. April 2008 zu ihrem Kandidaten bestimmt. Er entschied diese Wahl mit 40,8% der Stimmen für sich und distanzierte dabei die ehemalige Bildungsministerin Blanca Ovelar, die Kandidatin der seit 61 Jahren regierenden Colorado-Partei, um zehn Prozentpunkte. Am 15. August 2008 wurde Lugo als Staatspräsident vereidigt und Federico Franco von der "Partido Radical Liberal Auténtico" wurde zum Vizepräsidenten ernannt. Die Position der "Primera Dama" (First Lady) wurde von der Schwester Fernando Lugos, Mercedes Lugo Méndez de Maidana, bekleidet.

Fernando Lugo 18 April 2008In Curuguaty im Departament Canindeyú kam es am 15. Juni 2012 zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen Polizisten und Landbesetzern mit mindestens 17 Toten, darunter sechs Polizisten. Für den Zwischenfall hat man Lugo politisch verantwortlich gemacht und  die Abgeordnetenkammer reichte daraufhin am 21. Juni 2012 eine Amtsenthebungsklage ein. Der Senat Paraguays stimmte nur einen Tag später mit 39:4 Stimmen der Amtsenthebung zu, eine Klage Lugos beim Obersten Gerichtshof ist anhängig.

Lugo akzeptierte zwar seine Absetzung durch das Parlament, betrachtete den Vorgang aber mehr als einen „Staatsstreich“. Seine Anwälte kündigten an, eine Überprüfung des Amtsenthebungsverfahrens durch den Obersten Gerichtshof Paraguyas, sowie durch den Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte zu beantragen. Das Amtsenthebungsverfahren wurde von der Organisation Amerikanischer Staaten als „etwas übereilt“ kritisiert und ein Sprecher der Union Südamerikanischer Nationen betrachtete die Vorgänge als eine Bedrohung der demokratischen Ordnung. Der bisherige Vizepräsident Federico Franco wurde am 22. Juni 2012 Lugos Nachfolger als Staatspräsident.

Fernando Lugo sieht seine Wurzeln in der Befreiungstheologie und gilt als Anwalt der Unterprivilegierten und Entrechteten. Aus diesem Grund wird er gelegentlich – nicht zuletzt von seinen politischen Gegnern – mit den linken Staatspräsidenten Hugo Chávez und Evo Morales verglichen. Lugo selbst hingegen rechnet sich „der politischen Mitte“ zu und distanziert sich von programmatischer Radikalität. Von Sozialwissenschaftlern des Landes wird er als Mann, dem Personenkult und Messianismus „zuwider“ sind und der weiß, „wie man Leute zusammenbringt und Kompromisse aushandelt“ charakterisiert. Lugo verteidigt das Privateigentum und plädiert für ein Wirtschaftssystem, in dem sowohl Platz für private als auch staatliche Unternehmen ist.

Fernando Lugo George W Bush 20081027Zu den „großen Achsen“ seiner Politik zählte er vor der Wahl den Wohnungsbau, eine Bildungsreform, die Einführung eines universalen Gesundheitssystems und den Bau von Verkehrswegen. Er setzte sich im Kampf gegen die Armut und für eine umfassende Landreform ein, die für eine Umverteilung und mehr Gerechtigkeit sorgen soll. In Paraguay kontrollieren bisher 5% der Bevölkerung 90% des produktiven Terrains. Außerdem sollen Brandrodungen und der massive Einsatz von Pflanzengiften eingedämmt werden.

Um die Einnahmen für Sozialprogramme zu verbessern kündigte er an, mit den Nachbarländern Brasilien und Argentinien den Preis für Energielieferungen aus den Wasserkraftwerken Itaipú und Yacyretá neu verhandeln zu wollen. Wörtlich sagte er: „Paraguay kann nicht nur ein Land der Rinderzucht sein, wir müssen uns in ein Land der Wasserenergie, ein Industrieland verwandeln.“

Wie er in einer Pressekonferenz am 13. April 2009 eingestand, ist Fernando Lugo Vater eines Sohnes (* 4. Mai 2007), den er außerehelich mit der 34 Jahre jüngeren Viviana Carrillo zeugte. Laut Medienberichten begann die Liebesbeziehung zwischen Fernando Lugo und der jungen Frau bereits, als sie erst 16 Jahre alt war. In Teilen der Bevölkerung Paraguays löste der Fall Empörung aus. Bischof Ignacio Gogorza Izaguirre bezeichnete die Beziehung als „Ohrfeige für die Kirche“.

Nach Bekanntwerden der Vaterschaft traten kurz nacheinander zwei weitere Frauen, Benigna Leguizamón und Damiana Hortensia Morán Amarilla, mit der Behauptung an die Öffentlichkeit, ebenfalls mit Lugo ein Kind zu haben. Frau Morán betreffend, wurde die von ihr angestrengte Vaterschaftsklage dem Präsidenten am 11. November 2009 zugestellt. Von Lugos Anwälten wurde ein Vaterschaftstest zunächst jedoch mit der Begründung abgelehnt, daß sich zuerst der Mann, mit dem Frau Morán zum Zeitpunkt der Zeugung des Kindes verheiratet war, einem solchen Test unterziehen müßte. Im Falle von Frau Leguizamón war ein Vaterschaftstest zwar vorgesehen, sie zog jedoch ihre Behauptung Mitte Dezember 2009 aus unbekannten Gründen zurück. Wenige Wochen zuvor hatte eine Nichte Fernando Lugos die Behauptung aufgestellt, er habe eine volljährige Tochter. Dieses sorgte ebenfalls für großes Aufsehen.

Ein Non-Hodgkin-Lymphom im fortgeschrittenen Stadium wurde bei Lugo im August 2010 diagnostiziert und in Brasilien eine Chemotherapie durchgeführt. Während dieser Zeit führte er seine Amtsgeschäfte eingeschränkt weiter.

Die Ergebnisse von in unterschiedlichen Ländern ausgewerteten Vaterschaftstests, die den Sohn von Frau Morán betreffen, wurden im September 2010 veröffentlicht. Alle drei Untersuchungen verneinen eine Vaterschaft Lugos.

 

Bilder Wikipedia: Fernando Lugo Startbild: Urheber Juan Alberto Pérez - Fernando Lugo 18 April 2008: Antônio Cruz - Nach dem Wahlsieg: Cruz/ABr - Mit Präsident George W. Bush: White House photo by Eric Draper